Bei meiner diskriminierungskritischen Bildungsarbeit an der Schnittstelle von Bildung und Kunst tauchen wiederholt die gleichen Fragen und Einwände von Teilnehmer_innen auf. Mein Austausch mit Kolleg_innen, die in ähnlicher Weise arbeiten, zeigt, dass diese Fragen und Einwände auch ihnen vertraut sind. Sie werden meistens von Teilnehmer_innen mit wenig intersektionaler Diskriminierungserfahrung vorgebracht, häufig mit Vehemenz. Diese Emotionalität ist vielleicht ein Ausdruck der Krisenhaftigkeit, welche diskriminierungskritische Lernprozesse mitunter prägt. Denn es handelt sich dabei, wie an verschiedenen Stellen in diesen Bildungsmaterialien herausgearbeitet wurde, um ein Verlernen von bisherigen Selbstverständlichkeiten in der Art, wie eine_r die Welt deutet und sich selbst darin erfährt. In der pädagogischen Situation nehme ich diese Fragen und Einwände ernst und erkenne ihre Berechtigung an. Es ist mir wichtig, Komplexität und Ambivalenz zuzulassen: Fragen und Einwände sind berechtigt, gerade wenn sie Abwehrreaktionen sind. Denn es gibt keine Lernprozesse ohne Irritationen.

Von Teilnehmer_innen mit intersektionaler Diskriminierungserfahrung werden diese Fragen und Einwände jedoch häufig als unproduktiv erlebt. Sie lernen dabei selbst oft wenig Neues. Die Reproduktion von Aussagen und Handlungen, die in ihrer Biografie bereits verletzend waren, ist zudem belastend und kann ihren eigenen Lernprozess behindern. Denn ein grundsätzliches Vertrauen in die pädagogische Situation ist für das Lernen genauso wichtig wie Irritation. Nicht zuletzt für diese Teilnehmer_innen schreibe ich deswegen auf den Einwändekarten die Antworten und weiterführenden, bedeutungsverschiebenden Fragen auf, die ich selbst anbiete. Ich verbinde damit die Hoffnung, dass wir gemeinsam an einem Argumentarium weben können, das für alle am Lernprozess Teilnehmenden unterstützend ist.

Dabei handelt es sich um die Spiegelung meines Wissens im Frühling 2021. Ich freue mich über Vorschläge für andere Antworten und Bedeutungsverschiebungen, genauso wie über weitere Einwände und Fragen, die Euch in Eurer eigenen diskriminierungskritischen Bildungsarbeit begegnen und herausfordern. Schickt all dies gerne an info@diskrit-kubi.net.

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