Übersetzen
Ihr habt mit dem Set »Lesen Lernen« acht Indikatoren für diskriminierungskritische Lesefähigkeit kennengelernt. Dann habt Ihr mit dem Set »Üben« zu den drei Dimensionen Kanon, Methoden und Strukturen gearbeitet. Anhand vieler Übungen, Szenarien und Beispiele habt Ihr in den Proben und Vignetten Eure diskriminierungskritische Lesebrille geschärft. In dem Pool an Texten und weiterführenden, vertiefenden Materialien auf der Website habt Ihr Eure eigene Lernspur gelegt.
»Übersetzen« stellt auf dieser Basis orientierende Arbeitsschritte vor, um eine punktuelle diskriminierungskritische Veränderungsarbeit zu versuchen. Das Vorgehen ist von der Aktionsforschung inspiriert, in der sich eine Analyse der eigenen Praxis und ihrer Bedingungen mit dem Wunsch nach Veränderung verbindet. Diskriminierungskritische Veränderungsarbeit verläuft demnach in Spiralen, in einem Wechselspiel aus Reflexion und Aktion, im Verweben von Theorie und eigenen Erfahrungen. Den Rahmen für dieses Weben bilden zwei miteinander verbundene Fragen:
- Wie kann ich (mit anderen gemeinsam) meine eigene Praxis verändern?
- Wie kann ich (mit anderen gemeinsam) den Kontext, in den meine Praxis eingebettet ist (z. B. die Institutionen oder die lokale Politik, die gesellschaftlichen Verhältnisse), verändern?
Zu den Arbeitsschritten gehört auch das Einschätzen von Ressourcen, die für die Veränderungsarbeit zur Verfügung stehen: z.B. Geld, Zeit und Unterstützer_innen, der eigene Kräftehaushalt. Möglicherweise entscheidet Ihr, aufgrund dieser Bedingungen Eure diskriminierungskritische Veränderungsarbeit ausschließlich oder zunächst auf Eure eigenen Handlungen an der Schnittstelle von Kunst und Bildung zu konzentrieren. Das kann eine gute Entscheidung sein. Es ist sehr wertvoll, wenn eine individuelle Praxis sich diskriminierungskritisch verändert. Sie kann zudem über sich selbst hinaus Wirkung entfalten, zum Beispiel für Kolleg_innen oder als Anstoß für darauffolgende strukturelle Veränderungen.
Lest zu Beginn alle Arbeitsschritte einmal durch. Übersetzt sie im Laufe Eurer Arbeit auf Eure Situation, die eigenen Bedingungen und Fragen. Es handelt sich um eine modellhafte Reihenfolge der Schritte. Ihr könnt sie ändern, sowie zwischen den Schritten hin- und herwechseln. Beispiele und Erfahrungsberichte aus diesen Bildungsmaterialien können Euch die Prozesse diskriminierungskritischer Veränderungsarbeit veranschaulichen und Euch inspirieren.
Beim Übersetzen von einer Sprache in die andere gehen ursprüngliche Bedeutungen in Teilen verloren und neue Bedeutungen kommen hinzu. So können sich auch die in diesen Bildungsmaterialien vorgeschlagenen Ansätze durch Eure Übersetzungsarbeit verändern und weiterentwickeln.
An dieser Station...
1. Verhältnisse beobachten und einen Veränderungsimpuls entwickeln⌃
- Achtet auf Dringlichkeiten: Sind z.B. Personen in Eurem direkten Arbeitsumfeld (oder Ihr selbst) akut Diskriminierungen ausgesetzt, so wäre die Unterbrechung dessen eine Priorität.
- Achtet auf Durchführbarkeit: Sucht Euch etwas aus, bei dem Euch eine Veränderung mit den für Euch verfügbaren Mitteln zum jetzigen Zeitpunkt möglich erscheint.
- Fangt bei Euch selbst an: Nehmt Eure eigene Beteiligung an der Herstellung von Diskriminierung wahr und beginnt dort mit der Veränderung.